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10.05.21
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SCHMERZEN IN KNIE, SCHULTER, HÜFTE – WANN IST ES ARTHROSE?

Studien zeigen: 60 Prozent aller Menschen über 65 Jahren haben Arthrose – darunter versteht man den Abbau der Gelenkfunktion. Ohne Zweifel: Arthrose ist ein Volksleiden.

Aber auch schon Kinder und Jugendliche sind gefährdet, wenn etwa eine Erbkrankheit zur Instabilität des Bindegewebes führt oder Übergewicht vorliegt, erklärt Dr. med. Thomas Schneider, leitender Orthopäde der Gelenkklinik in Gundelfingen.

"Ebenso können angeborene Fehlstellungen, zum Beispiel Hüftdysplasie, bei jungen Erwachsenen zum frühzeitigen Einsetzen einer Hüftarthrose führen. Junge Erwachsene sind infolge schlecht verheilter Sportverletzungen (Kreuzbandriss, Bandverletzungen am Sprunggelenk) häufig Arthrose-gefährdet", so der Experte.

Aber wie entsteht Arthrose? Wie kann ich eine Arthrose vorbeugen? Wie merke ich, dass ich betroffen bin? Und was ist der Unterschied zur Arthritis?

Dr. Schneider klärt bei BILD die wichtigsten Fragen.

Was ist Arthrose?
Dr. Schneider: "Voraussetzung für gleitfähige, gut geschmierte Gelenke ist ein intakter Knorpel. Bei einer Arthrose führt der krankhafte, vorzeitige Knorpelabbau dazu, dass die Knochen aneinander reiben und die Gelenke versteifen. Gemein: In der Anfangsphase ist eine Arthrose oft vollkommen beschwerdefrei. Der Knorpelabbau und der Verlust von Gelenkschmiere verursachen oft erst im weit fortgeschrittenem Zustand Schmerzen."

Was sind typische Ursachen einer Arthrose?
Dr. Schneider: "Arthrose kann viele Ursachen haben: Fehlstellungen der Gelenke, Überlastung durch Sport und Sportverletzungen sowie Übergewicht. Aber auch Bewegungsmangel, eine altersbedingte Abnutzung und erbliche Veranlagungen spielen eine Rolle."

In welchen Gelenken kann Arthrose auftreten?
Dr. Schneider: "Arthrose kann alle Gelenke betreffen: Wirbelsäule (Facettengelenksarthrose), Schulter (Omarthrose), Finger (Heberden-Arthrose), Hüfte (Coxarthrose), Knie (Gonarthrose), Sprunggelenke, sogar die Zehen."

Bei welchen "Alarmzeichen" sollte ich zum Arzt gehen?
Dr. Schneider: "Typisch für die Arthrose ist der kurzzeitige Anlaufschmerz morgens bzw. bei der ersten Bewegung oder nach Ruhepausen. Sie gehen häufig mit einer Schwellung und Überwärmung des Gelenks einher. Arthrose-Patienten beschreiben die Schmerzen als dumpf und ziehend.

Charakteristisch ist auch der Belastungsschmerz: Er tritt bei momentaner Überlastung eines Gelenks auf, es kommt zu Sehnen- oder Muskelschmerzen um das Gelenk herum. Akuter Knieschmerz beim Treppensteigen deutet zum Beispiel auf Kniearthrose hin.

Ruheschmerzen oder nächtliche Gelenkschmerzen sind hingegen eher Anzeichen für Arthritis oder rheumatische Beschwerden. Sie können aber auch bei sehr fortgeschrittener oder entzündeter Arthrose auftreten."

Apropos Arthritis – was ist der Unterschied zur Arthrose?
Dr. Schneider: "Charakteristisch für eine Arthrose ist der kontinuierliche Knorpelabbau im Gelenkspalt. Dieser Abbau wird gefördert durch Knorpelverletzungen, Fehlstellungen oder Verletzungen der Gelenkflächen.

Bei Arthritis kommt es ebenfalls zu schmerzhaften Einschränkungen der Gelenksbeweglichkeit – dieser Prozess wird bei Arthritis jedoch durch entzündliche Prozesse vorangetrieben."

Wie kann ich einer Arthrose vorbeugen?
Dr. Schneider: "Auf jeden Fall sollte man Übergewicht meiden und die Gelenke durch Bewegung und eine gut trainierte umgebende Muskulatur entlasten."

Viel Bewegung reduziert also mein Arthrose-Risiko?
Dr. Schneider: "Ja, denn regelmäßige Bewegung hilft bei der Ernährung des Gelenkknorpels. Da dieser keine Blutgefäße besitzt, ist ein Mindestmaß an Bewegung erforderlich, um ihn über die Gelenkflüssigkeit mit wichtigen Nährstoffen zu versorgen und somit am Leben zu erhalten.

Geeignete Sportarten für Betroffene sind solche, die wenig Belastung mit viel Bewegung verbinden (Schwimmen, Radfahren, Langlauf-Ski), alle Sportarten mit starker Stoßbelastung und schnellen Richtungswechseln (Squash, Tennis, Kampfsportarten, Fußball, Alpin Ski) sollten Sie meiden."

Kann gesunde Ernährung die Erkrankung stoppen?
Dr. Schneider: "Durch eine Umstellung der Ernährung kann man eine Arthrose nicht heilen, aber nachweislich günstig beeinflussen. Einen günstigen Einfluss auf Arthrose hat vegetarische Ernährung mit vielen Früchten und Gemüse, Nahrungsmittel wie Käse, Kaffee, Fleisch, Alkohol beeinflussen den Verlauf von Arthrose ungünstig."

Lässt sich Arthrose grundsätzlich heilen?
Dr. Schneider: "Im Frühstadium lassen sich durch eine minimalinvasive Arthroskopie (Gelenksspiegelung) oft mechanische Knorpelreibungen oder Einklemmungen erkennen und endgültig beseitigen. Der Verfallsprozess des Gelenks kann dann durch eine zielgerichtete Behandlung ganz gestoppt werden."

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Was umfasst eine solche Behandlung?
Dr. Schneider: "Rechtzeitig angewendet können Physiotherapie, Muskeltraining und der Einsatz orthopädischer Hilfsmittel (Orthesen) den Bewegungsablauf korrigieren und das Gelenk entlasten. Außerdem empfehlen sich Schwimmen, Wassergymnastik und Radfahren wegen ihrer sanften Bewegungen zur natürlichen Regeneration des durch Arthrose angegriffenen Knorpels."

Und wann ist die Prothese erforderlich?
Dr. Schneider: "Ist ein Gelenk so sehr geschädigt, dass Alltagsbewegungen nur unter großen Schmerzen möglich sind und der Knorpel ganz abgebaut ist, kann der Orthopäde mit künstlichen Gelenken (Prothesen oder Teilprothesen) helfen.

Künstliche Gelenke sind heutzutage sehr zuverlässig und jahrzehntelang haltbar – die Implantation durch einen spezialisierten Facharzt vorausgesetzt. Viele Patienten schieben die notwendige Prothesenoperation aber lange hinaus.

Das Problem: Durch Schmerzen, Schmerzbehandlung und erzwungene Unbeweglichkeit werden die übrigen Gelenke zusätzlich angegriffen. Das Aufschieben der OP ist also oft eine Entscheidung zu Ungunsten der gesunden Gelenke."

Wie sind die Erfolgsaussichten?
Dr. Schneider: "Moderne Knieprothesen oder Hüftprothesen haben eine Ausfallrate von unter einem Prozent. Natürlich ist der Schritt schwer, das eigene vertraute Gelenk durch ein künstliches Gelenk auszutauschen. Die Verbesserung der Lebensqualität ist aber in der Regel erheblich."

Sind Arthrose-Beschwerden im Winter besonders stark?
Dr. Schneider: "Ja, die feuchtkalte Luft schwächt den Stoffwechsel, Entzündungsprozesse im Gelenk und Gewebe verlaufen im Winter daher langwieriger. Die Muskulatur verspannt sich zudem mehr, dadurch entstehen mehr Schmerzen. Hilfreich können ein Aufenthalt im südlichen Klima oder eine schmerzlindernde Stoffwechselunterstützung durch Wärmetherapie sein."

Was sind die größten Fehler von Arthrose-Patienten?
Dr. Schneider: " Dazu zählen Überlastung und ungeeignete Bewegung. Ebenso falsch ist es, Symptome auszuhalten und keinen ärztlichen Rat zu suchen. Denn durch eine geeignete Behandlung (Einlagen, Umstellungsoperationen) können Ursachen der Arthrose oft abgestellt und das Gelenk erhalten werden.

Weitere Risiken sind eine Überlastung des Stoffwechsels, mangelnde Gewichtskontrolle, Alkohol, Nikotin und eine fleischreiche bzw. gemüsearme Kost. Eine mangelnde 
Säure-Basen-Regulation in der Ernährung fördert Arthroseschmerzen und chronische Entzündungen zusätzlich."